Fototipps Vol. 1: Scharfe Bilder in voller Auflösung mit der DSLR

Du fragst dich, wie du mit deiner digitalen Spiegelreflexkamera knackscharfe Bilder erhältst? Dass dein Motiv richtig scharf ist? Und das in der vollen Pixelanzahl? Was du dafür benötigst und welche Einstellungen getroffen werden müssen erfährst du in diesem Blogbeitrag.

Ich berichte hier über Erfahrungen aus den Bereichen Natur-, Landschafts- und Stadtfotografie anhand meines Equipments und biete dir ein paar allgemeine Lösungsansätze. Bisher bin ich meiner Nikon D7200 treu geblieben, daher sind manche Bezeichnungen hierauf bezogen, lassen sich jedoch auf andere Kameramodelle und Hersteller übertragen.

Generelle Voraussetzung sind eine funktionierende DSLR und Objektive ohne Fehlfokus und dass die Angst vor dem M-Modus nicht mehr allzu groß ist.

Diese Hilfsmittel und Einstellungen sind nun hilfreich um knackscharfe und optimal ausgerichtete Bilder zu erhalten:

 

1. Ein stabiles Stativ mit Stativkopf

Ich verwende für 99 % aller Bilder ein Stativ. Als ich mit der Fotografie anfing war es mir (ich gebe es zu) oft zu mühsam überall ein Stativ mitzuschleppen, vor allem bei weiten Touren. Im Nachhinein ärgerte ich mich allerdings immer öfter, als ich zu Hause am PC feststellen musste, dass die Bilder doch nicht so scharf sind wie erhofft. Selbst bei relativ kurzen Verschlusszeiten war dies der Fall. Am kleinen Kameramonitor lässt sich die Schärfe nicht so optimal beurteilen wie in der 1:1 Ansicht am PC.

Das Stativ sollte möglichst stabil und verwindungsfest sein. Mit einem dünnen Klapperstativ das sich nicht ordentlich einstellen lässt und im schlimmsten Fall von alleine wieder verstellt hat man mehr Ärger als alles andere.

Mein erstes Stativ war ein Aluminiumstativ von Sirui, etwas später habe ich mir noch ein etwas leichteres und kleineres Carbonstativ zusätzlich angeschafft (über die Vor- und Nachteile gibt es hier einen Blogbeitrag).

 

Sirui

Sirui Stativ M-3004

 

Ergänzend zum Stativ empfiehlt sich ein stabiler Stativkopf. Ich arbeite am liebsten mit einem großen Kugelkopf, mit dem sich die Kamera sehr leicht ausrichten lässt und der sich nach der Justierung nicht verstellt. Der Kopf sollte zum Gewicht der Kamera mit angesetztem Objektiv passen, idealerweise mit ein paar Kilo Spielraum nach oben.

 

K30x

Sirui K-30x Kugelkopf

 

Es lohnt sich – aus der Hand wird man selbst mit eingeschaltetem Bildstabilisator eher selten wirklich scharfe Bilder erhalten. Auch die gerne verwendete Regel „Umgekehrte Brennweite als längste Verschlusszeit“ hilft oftmals nicht (bei 100 mm 1/100 s, bei 50 mm 1/50 s usw.). Selbst wenn ich hier noch die jeweils kürzere Verschlusszeit gewählt habe, waren viele aus der Hand gemachte Bilder bei Verschlusszeiten länger als 1/250 s noch unscharf.

 

Stativ bei Belichtungsreihen

Für die Aufnahme von Belichtungsreihen ist ein Stativ unverzichtbar. Hier werden von einem Motiv mehrere unterschiedlich belichtete Aufnahmen gemacht, die mit Hilfe einer HDR-Software wie z.B. Photomatix Pro oder in Photoshop zu einem HDR Bild zusammengefügt werden. Es ist besonders wichtig, dass alle Aufnahmen absolut deckungsgleich sind, damit das Endergebnis scharf ist.

Nicht vergessen: Sobald die Kamera auf dem Stativ ist, sollte der Bildstabilisator (falls vorhanden) deaktiviert werden, bei Belichtungsreihen sollte zusätzlich auf manuelle Fokussierung umgestellt werden, damit alle Einzelbilder denselben Fokuspunkt haben.

Bisher habe ich mit dem Autofokussystem der Nikon Kameras fast ausschließlich positive Erfahrungen gesammelt. Selbst in der Dämmerung funktioniert es in 99% der Fälle zuverlässig. Daher fokussiere ich zuerst mit einem einzelnen Fokusmessfeld einen Punkt im Bildausschnitt an und stelle dann auf manuellen Fokus um (ohne anschließend etwas zu ändern). Jetzt kann die Belichtungsreihe gestartet werden, der Fokus bleibt bei allen Bildern gleich.

 

2. Verwendung der Spiegelvorauslösung

Wirklich knackscharfe Bilder erhält man erst durch Aktivierung der Spiegelvorauslösung. Hierbei wird der Schwingspiegel zeitlich vor der eigentlichen Aufnahme hochgeklappt, um so Verwacklungen durch vom Spiegelschlag verursachte Vibration zu verhindern. Vor allem bei längeren Belichtungszeiten ist diese Funktion unverzichtbar für scharfe Bilder. Bei Aufnahmen aus der Hand ist diese Funktion natürlich unnötig und unpraktikabel, sie bringt nur etwas bei Verwendung eines Stativs.

Bei meiner Kamera gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Einschalten der Option „Spiegelvorauslösung“ im Menü. Bei der D7000 ist diese Funktion nicht editierbar, d.h. die Zeit nachdem der Spiegel hochgeklappt ist bis zur Auslösung ist fest vorgegeben(ca. eine Sekunde). Beim Nachfolgemodell Nikon D7100 / D7200 lässt sich die Zeit wählen (eine, zwei oder drei Sekunden), danach löst die Kamera automatisch aus.
  • Meiner Erfahrung nach werden die Bilder mit der „MUP“- Funktion (für „Mirror Up“), die am Kamerarad eingestellt wird, noch einen Tick schärfer. Hier wird der Spiegel beim ersten Drücken auf den Auslöser hochgeklappt, um die Belichtung zu starten muss man ihn ein zweites Mal drücken. Ich warte ca. zwei Sekunden bis zum zweiten Drücken, bis dahin hat sich jegliche vom Spiegelschlag verursachte Vibration gelegt.

 

Ich habe eine kleine Testreihe gemacht, um diesen Sachverhalt zu verdeutlichen. Hier sieht man deutlich, wie sich die Schärfe je nach Einstellung verändert (bitte anklicken für die volle Auflösung):

 

Schärfevergleich

Bei den Aufnahmen vom Stativ aus ist der Bildstabilisator deaktiviert.

 

3. Fernauslöser

Ein kabelgebundener Fernauslöser ist mittlerweile neben dem Stativ mein am häufigsten genutztes Zubehör. Hierbei hat man einen separaten Auslöser in der Hand, der durch ein Kabel mit der Kamera verbunden ist. Man muss so die Kamera zum Auslösen nicht mehr berühren und läuft nicht Gefahr, dass durch die Betätigung des Auslösers die Kamera erschüttert wird.

Alternativ sind Infrarotauslöser für Kameras mit Infrarotempfänger erhältlich. Der Vorteil eines Kabelauslösers ist jedoch, dass man einen „echten“ Auslöser hat, der sich wie der Auslöser an der Kamera anfühlt und bedienen lässt (halb durchgedrückt fokussiert die Kamera, ganz durchgedrückt löst sie aus). Der Aufwand, das Kabel jedes Mal zu entwirren und einzustecken, lohnt sich allemal. Für längere Belichtungszeiten jenseits von 30 s („bulb“-Modus) kann der Fernauslöser arretiert werden, der Auslöser bleibt solange betätigt bis die Arretierung wieder gelöst wird.

 

Kabel Fernauslöser

Calumet Pro Series Kabelauslöser mit Nikon N10 Anschluss, Kabellänge ca. 1 m

 

4. Wasserwaage für den Blitzschuh

Lange Zeit habe ich die im Kamerakopf eingelassene Wasserwaage meines Stativs verwendet, die zwar schön und gut, jedoch nicht 100%ig genau ist, da ich zusätzlich zwischen Kamerabody und der Stativplatte noch einen Batteriegriff habe, eine zusätzliche Ebene die für Abweichungen sorgt. Für eine optimale Ausrichtung der Kamera ist eine auf den Blitzschuh aufgesteckte Wasserwaage besser geeignet. Wichtig ist, dass sie zwei Libellen hat, eine für die horizontale und eine weitere für die vertikale Ausrichtung.

Durch Verwendung einer Wasserwaage lässt sich das Bild optimal einrichten, so dass z.B. der Horizont gerade ist und keine stürzenden Linien z.B. bei Gebäuden oder anderen Objekten im Bild auftauchen. So muss das Bild bei der Bearbeitung im Nachhinein nicht digital gedreht oder perspektivisch korrigiert werden, was durch den notwendigen Bildbeschnitt unweigerlich zu einer Verringerung der Auflösung führt, sprich das Bild hat am Ende eine geringere Pixelanzahl.

Ein Nachteil bei der Ausrichtung in Bezug auf stürzende Linien bei Gebäuden ist (sofern diese gestalterisch nicht gewollt sind), dass der Horizont hier in der Mitte sein muss. Je nach Bildkomposition ist das nicht immer von Vorteil. Bei Panoramen kann im Nachhinein jedoch das Seitenverhältnis geändert werden, z.B. in 16:9 oder 16:8, um den Horizont dadurch aus der Mitte zu bekommen und das Bild weniger statisch wirken zu lassen. Die Pixelanzahl verringert sich dann zwar in der Bildhöhe, jedoch bleibt die maximale Pixelanzahl zumindest in der Bildbreite erhalten.

Durch Verwendung eines Tilt-Shift-Objektivs könnte die perspektivische Korrektur bereits vor der Aufnahme erfolgen, jedoch sind diese Objektive sehr teuer und ich besitze (noch) keines, daher kann ich hierüber keine Erfahrungen weitergeben.

 

Wasserwaage für Blitzschuh

Wasserwaage mit Doppellibelle

 

5. Abblenden

Bei Offenblende sind die wenigsten Objektive wirklich scharf. Allgemein empfiehlt es sich, zwei bis dreifach abzublenden, um eine höhere Schärfe zu erhalten und um zusätzlich Vignettierung in den Bildecken zu verringern. Optimal ist meiner Erfahrung nach meistens eine Blende zwischen 8 und 11, hier werden meine Aufnahmen am schärfsten. Um z.B. bei Natur- und Landschaftsaufnahmen im Weitwinkelbereich zwischen 10 und 20 mm eine möglichst hohe Schärfentiefe zu erhalten, verwende ich häufig Blende 11, bei einer kleineren Blende (sprich einer höheren Blendenzahl von z.B. 16, 18, 20 etc.) tritt bereits wieder Unschärfe durch Beugung ein. Die Blende ist nun so klein, dass die Lichtstrahlen um die Lamellen gebeugt werden und dadurch nicht mehr optimal gebündelt auf den Sensor treffen.

 

6. Niedrige ISO verwenden

Ich versuche stets die ISO Zahl so gering wie möglich zu halten. Je höher der ISO Wert ist, umso stärker rauscht das Bild und ab einer gewissen Stärke gehen Details im Bild verloren. Auch eine zu aggressive Rauschunterdrückung (in der Kamera oder nachträglich am PC) kann zu Detail- und somit Schärfeverlust führen. Hier spielen Vollformatkameras einen Ihrer wesentlichen Vorteile aus, da sie bei höheren ISO Werten aufgrund des fast doppelt so großen Sensors im Vergleich zu APS-C deutlich weniger Rauschen verursachen.

 

7. Schärfen von RAW Dateien

Ich verwende oben oft die Worte „scharf“ und „knackscharf“ – das ist bisher nicht die ganze Wahrheit. Vor allem wer im RAW Format fotografiert, wird sich auch bei Beachtung aller oben aufgeführten Punkte eventuell über Aufnahmen wundern, die in der 100%-Ansicht zwar schon scharf, aber dennoch irgendwie leicht schwammig erscheinen. Dies liegt daran, dass es sich bei den RAW Dateien um größtenteils unbearbeitete Sensordaten handelt, die im Vergleich zu JPEGs nicht geschärft sind.

Meine Vorgehensweise ist, die RAW Dateien bei der Bearbeitung in Lightroom im Modul „Details“ leicht vorzuschärfen:

 

Details Modul Lightroom

Schärfen im Details-Modul in Lightroom

 

 

Die finale Schärfe erhalten sie in Photoshop durch Verwendung des Hochpassfilters (meist zwischen 0,5 und 1,5 Pixeln) und einer der Füllmethoden „Ineinanderkopieren“, „weiches Licht“ oder „hartes Licht“ (eher seltener), je nachdem wie stark die Schärfung sein soll oder sein muss.

Wenn dann alles richtig gemacht wurde, sind die Konturen scharfgezeichnet und das Bild wirkt knackscharf. Die Einstellungen sollten nicht übertrieben werden, um keine überschärften Ergebnisse zu erhalten.

Konstruktionsbedingt wird man wohl immer mit dem Kompromiss leben müssen, dass bei ultraweitwinkligen Aufnahmen in den Randbereichen eine leichte Unschärfe auftreten kann.

 

Schärfe verhindernde Einflüsse

Alle Maßnahmen sind getroffen, die Kamera ist optimal auf dem Stativ ausgerichtet, die Spiegelvorauslösung aktiviert, der Kabelauslöser angebracht etc. und dennoch sind die Bilder nicht so scharf wie erwartet? Dies kann eine der folgenden Ursachen haben:

  • es ist sehr windig: starke Windböen können dazu führen, dass die Kamera erschüttert wird, vor allem wenn mit einem Filterhalter und Grauverlaufsfiltern gearbeitet wird. Die 100×150 mm Filter bieten eine große Angriffsfläche für Windböen und können zu verwackelten Bildern führen, vor allem bei Langzeitbelichtungen. Manche Stative haben zusätzlich noch einen Haken woran ein Gewicht befestigt werden kann (z.B. der Kamerarucksack), um das Stativ zusätzlich zu beschweren und so mehr Stabilität zu erhalten.
  • der Kamerastandort ist auf einer Straßenbrücke: durch die fahrenden PKW, LKW, Straßenbahnen etc. gerät eine Brücke ordentlich ins Schwingen. Je nach Brücke reichen sogar Fußgänger oder Fahrradfahrer aus. Dies wirkt sich negativ auf die Schärfe aus, da die Schwingungen über das Stativ auf die Kamera übertragen werden.
  • der Klassiker – versehentliches Anrempeln eines Stativbeins mit den Füßen: Ein leichter Antipper kann schon ausreichen, um das Bild unbrauchbar zu machen. Vor allem mit dem Kabelauslöser in der Hand steht man gerne dicht am Stativ. Hier also die besser die Füße still halten.
  • das Stativ steht auf einem losen Untergrund wie Sand, das kann z.B. am Strand zu Problemen führen, wenn das Stativ durch die Brandung tiefer in den Sand gegraben wird.

 

Fazit

Zugegeben, das ist teilweise schon ziemliche Pixelschubserei und die wahrgenommene Bildschärfe hängt letztendlich auch vom Betrachtungsabstand ab. Minimale Unschärfe fällt ab einer gewissen Entfernung kaum noch auf. Zudem wird der Schärfeeindruck eines Bildes je nach Betrachter unterschiedlich wahrgenommen.

Zu beachten ist auch, dass für eine möglichst hohe Schärfentiefe im Bild, also dass möglichst alles vom Vorder- bis zum Hintergrund scharf ist, noch weitere Dinge beachtet werden müssen. Doch das ist Thema eines zukünftigen Blogbeitrags.

 

Ich bedanke mich fürs Lesen und hoffe, dass ich in ein paar Punkten weiterhelfen konnte, damit auch du kompromisslos scharfe Bilder erhältst.

Du hast eigene oder andere Erfahrungen gemacht? Oder sonstige Anmerkungen und ergänzende Hinweise?

Ich freue ich mich über einen Kommentar oder eine Nachricht.

 

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